Initiative Arberlandviertel Karlshorst

Eine Initiative der Anwohnergemeinschaft für eine familienfreundliche und ökologisch nachhaltige Stadtteilentwicklung

Geschichte

Aus 5 Tagen wurden 50 Jahre

Familie Müller* wird zum zweiten Mal entschädigungslos enteignet. Man könnte meinen die SED ist wieder zurück. Allenthalben verkündet die Linke in Berlin, dass die Demokratie gestärkt werden soll, indem sich die Bürger*innen an der räumlichen Stadtentwicklung frühzeitig beteiligen können. Dazu wurden sogar Leitlinien verabschiedet, an die sich die Verwaltung eigentlich halten soll. Wie zu SED-Zeiten wird hier jedoch ein Scheinbild hochgehalten. In Wahrheit werden öffentliche Bauvorhaben vor der Bevölkerung verschwiegen oder irreführende Pressemitteilungen veröffentlicht.

Herr Müller hat als kleiner Steppke mit seiner Familie in Berlin-Karlshorst den Krieg überlebt. Sie waren froh, dass die dunklen Zeiten im Luftschutzbunker in der Zwieseler Str. vorbei waren. Die Familie wollte ihr bürgerliches Leben von vor dem Krieg wieder aufbauen. Doch es kam anders. Im Sommer 1945 wurden große Teile von Karlshorst nach und nach zur Sperrzone. Die Müllers mussten über Nacht Haus und Garten in der Zwieseler Straße verlassen und russische Offiziere zogen ein. Keine Mark Entschädigung, keine Hilfe bei der Wohnungssuche – einfach raus.

Fast 50 Jahre waren vergangen und Herr Müller hat sein Grundstück, dank der Wiedervereinigung, zurückbekommen. Die Rote Armee verlies Anfang der 1990er Jahre Karlshorst. Doch das Haus war nicht mehr so beschaulich wie einst. Es musste von Grund auf saniert werden. Familie Müller hatte endlich Glück. Mit einem günstigen KfW-Kredit konnten Dach, Fenster und die Heizung erneuert und das Haus von außen und innen neu verputzt und gemalert werden. Der Garten wurde wieder hergerichtet. Für ihren Lebensabend hatte Herr Müller und seine Frau sich ein schönes grünes Refugium geschaffen.

Heute sind die Müllers über 80 Jahre alt und hoffen, dass sie noch möglichst lange in ihren eigenen vier Wänden und in ihrem sonnenreichen Garten verbringen können. Geht es nach dem Willen der Senatsverwaltung soll damit jedoch bald Schluss sein. Die Müllers werden von bis zu 14 m hohen Häuserwänden eingeriegelt. Die Sonne verschwindet dann schon zur Mittagszeit. Den Müllers wird nicht nur die Lebensqualität genommen, sollten sie pflegebedürftig werden und wollen sie sich im betreuten Wohnen gut versorgt wissen, dann können sie sich das nicht mehr leisten. Die Erfahrung zeigt, ihr Grundstück verliert erheblich an Wert. Die Senatsverwaltung enteignet die Müllers zum zweiten Mal und wieder ohne jegliche Entschädigung.         

Der linke Bürgermeister von Lichtenberg hat immer wieder öffentlich beteuert, dass die Anwohner von Karlshorst in die Bauplanung frühzeitig einbezogen werden. Tatsächlich hat der Senat die Wohnungsbaugesellschaft Howoge beauftragt, auf dem Areal Rheinpfalzallee 83 mindestens zwei Häuserblöcke mit mindestens vier Stockwerken zu errichten. Mitten in eine Einfamilienhausgegend sollen modulare Unterkünfte, sog. MUfs also quasi Plattenbauten, entstehen. Die SED hätte es sicher genauso gemacht. Die eigene Wohnung oder das eigne Haus passt nach wie vor nicht zum Gesellschaftsmodell der Linken.

* Name von der Redaktion geändert